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Abgeschickt von Jonny am 06 November, 2002 um 23:12:35

Affront gegen Washington

Saudi-Arabien und Türkei gehen weiter auf Distanz
zu US-Kriegsplänen gegen Irak

Rainer Rupp

Der saudische Außenminister Prinz Saud Al Faisal hat Klartext
gesprochen. Allen Spekulationen über die mögliche Nutzung US-
amerikanischer Militärbasen in seinem Land für den Angriffskrieg
gegen Irak widersprach er jetzt in einem CNN-Interview: »Wir
werden zwar mit dem UNO-Sicherheitsrat zusammenarbeiten, aber was
unsere Teilnahme am Konflikt betrifft oder die Bereitstellung von
Basen - das ist etwa anderes.« Auf die Nachfrage, ob saudische
Basen denn im Falle eines Krieges mit UN-Mandat genutzt werden
könnten, antwortete der Außenminister mit einem deutlichen »Nein«.
In Washington weigerte sich der Sprecher des Weißen Hauses, Ari
Fleischer, diese für die US-Krieger schlechte Nachricht zu kommen-
tieren.

Ebenso wenig dürfte dem Weißen Haus der Ausgang der Wahlen vom
Sonntag in der Türkei gefallen haben, wo die religiös-konservative
»Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung«, kurz AKP, einen klaren
Sieg davongetragen hat, der ihr ermöglichen wird, die Türkei allein
zu regieren. In den Straßen und auf den Wahlparties der AKP wurde
der Sieg vor den Kameras der Weltpresse mit Rufen wie »Allah ist
groß« gefeiert. Diese »Panne« passierte den USA nicht nur ausgerechnet
zu einem Zeitpunkt, an dem Washington die Türkei als Modell für einen
islamisch-säkularen, demokratischen Mittleren Osten anpreist. Zugleich
hatte die Bush-Administration bei einem Angriff auf Irak fest auf die
Unterstützung der Türkei gezählt. Recep Tayyip Erdogan, Parteichef
der AKP, und seine Anhänger sind jedoch als ausgesprochene Gegner des
bevorstehenden US-Krieges bekannt.

Allerdings steht Erdogan jetzt vor einer gefährlichen Gratwanderung,
wenn er nicht bereits am ersten Tag seine übermächtigen Gegner im
türkischen Militär, in den USA und der NATO frontal angehen will.
So hat Erdogan inzwischen wissen lassen, daß die Türkei den Krieg
unterstützen könnte, wenn dafür ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats
vorläge. Ein hoher NATO-Vertreter meinte bereits besorgt: »Wir
werden sehen, wie ernst es ihnen (der AKP) ist, sich nicht am
System zu schaffen zu machen.«

Die Ereignisse in Saudi-Arabien und in der Türkei könnten aber genau
jene Entwicklung begünstigen, die sich am vergangenen Wochenende der
irakische Präsident Saddam Hussein in einem seiner seltenen Interviews
herbeigewünscht hatte. In seinem Appell an die islamischen und ins-
besondere die arabischen Länder warnte er nicht nur vor den wahren
Absichten der USA und Großbritanniens, mit Hilfe des Krieges die
Kontrolle über den ölreichen Mittleren Osten zu erobern, sondern er
hegte zugleich die Hoffnung, daß der Krieg verhindert werden könnte:
»Die Zeit ist auf unserer Seite. Wir müssen Zeit gewinnen und hoffen,
daß die US-britische Allianz unter dem Druck der öffentlichen Meinung
in den amerikanischen und englischen Straßen auseinanderbricht.«
Schließlich hätten Hunderttausende gegen Aggression und Krieg
demonstriert.

Offensichtlich hat Saddam Hussein die Funktionsweise einer bürgerlich-
demokratischen Regierung immer noch nicht verstanden. Auch wenn die
überwältigende Mehrheit der Bürger gegen den Krieg ist (wie z.B. die
Deutschen 1999 gegen den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien), setzen
sich ganz andere Kräfte und Interessen »im Namen des Profits« durch,
Verzeihung, »im Namen des Volkes«. Und bereits jetzt, lange bevor der
irakische Bär erlegt ist, streiten diese Kräfte heftig über die Ver-
teilung seines Fells. So hat unlängst der Chef des britischen Ölkon-
zerns BP, Lord Browne, Washington davor gewarnt, nach dem gewonnenen
Krieg das irakische Öl allein den US-Konzernen zuzuschustern.

* * *

Weg und Ziel
Internationaler Irak-Kongreß in Berlin:
Alternativen zu Embargo und Krieg

Rüdiger Göbel

Ist der drohende neue Krieg am Golf noch zu stoppen? »Ja, noch ist
nichts entschieden«, verbreiten Illusionisten als frohe Botschaft.
Ja, schränken Realisten ein, aber die Zeit ist verdammt knapp. Es
bleiben bestenfalls noch vier Wochen. »Bis Ende November haben die
USA ihre militärischen Vorbereitungen voraussichtlich abgeschlossen.
Anfang bis spätestens Mitte Dezember ist mit massiven Luftangriffen
auf Irak zu rechnen, Anfang Januar könnten dann US-Bodentruppen in
das Zweistromland einrücken.« Das militärische Szenario, das der
ehemalige Offizier der US-Marineinfanterie Scott Ritter am Wochenende
in Berlin skizzierte, war knapp, klar und beängstigend realistisch.

Ein Krieg gegen Irak wird einem »Massaker an der irakischen Bevöl-
kerung« gleichkommen, militärisch hat das ölreiche Land keine Chance.
Der das sagte, dürfte es wissen. Ritter kämpfte im Golfkrieg 1991
und ist nach wie vor stolz, »Marine« zu sein und seinem Land als
Soldat zu dienen. Nach dem Krieg vor elf Jahren leitete Ritter eine
UN-Inspektorengruppe im Irak. Er galt als »Falke« unter den Waffen-
suchern und schied 1998 mit der Begründung aus dem Dienst, daß die
UNO und die USA ihn nicht genügend in seinem harten Kurs gegenüber
Bagdad unterstützten.

Das aktuelle Kriegsvorhaben seines Präsidenten indes lehnt Ritter
kategorisch ab. Dieses hätte nichts mit den Werten und Normen der
amerikanischen Verfassung zu tun. Vielmehr würden die Bevölkerung
seines Landes und die ganze Welt systematisch belogen, nationales
wie internationales Recht gebrochen. Bush seniors strammer Krieger
avancierte in den vergangenen Monaten zum international bekanntesten
Gegner der Angriffspläne von Bush junior.

Allen Kriegsgefahren zum trotz gab sich der frühere UN-Waffeninspek-
teur auf der internationalen Irak-Konferenz im Rathaus Schöneberg
optimistisch: US-Präsident George W. Bush ist zu stoppen. Wichtig
sei, das Weiße Haus international zu isolieren und die US-ameri-
kanische Antikriegsbewegung in ihren Protesten zu unterstützen.
Deutschland komme hierbei eine Schlüsselposition zu, gehört das
Land doch zu den engsten Verbündeten der USA. »Sorgen Sie dafür,
daß die Bundesregierung bei ihrem Nein zum Irak-Krieg bleibt«,
mahnte Ritter


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