TRIPURA RAHASYA


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Abgeschickt von Rahasya am 24 November, 2001 um 19:08:15:

TRIPURA RAHASYA
Der reine Spiegel des unendlichen Bewußtseins.
Die Tripura Rahasya ( 10 n.Chr) beginnt mit dem kosmischen Urwort OM (AUM) und endet mit dem kosmischen Urwort HRIM. Beide heiligen Silben symbolisieren Brahman, das Höchste Sein. Sie sind wesensgleich. Doch während OM vor allem die Hindudreifaltigkeit (Brahma, den Schöpfer; Vishnu, den Erhalter;
Siva, den Zerstörer) ausdrückt, steht HRIM für das Göttliche in Seiner weiblichen Ausdeutung, hier Tripura genannt.
Tripura ist die allmächtige Göttin (devi), die göttliche Mutter, deren Verehrer Sie mit vielen Namen rufen: Durga, Uma, Par-vati, Lakshmi, Kali, Saraswati, Lalita, Kumari...
Wörtlich übersetzt bedeutet Tripura . Mit ihnen sind die drei Bewußtseinszustände gemeint: jagrat (Wachzustand), svapna (Traumzustand) und sushupti (Tiefschlaf). Tripura ist als Herrin dieser drei Zustände das ihnen zugrundeliegende unberührte Bewußtsein.


Ich bin die Höchste Intelligenz. Aus Mir erwächst der Kosmos, durch Mich gedeiht er und in Mir löst er sich wieder auf. Der unwissende sieht Mich als das Universum, während der Eingeweihte 'Mich als sein eigenes reines Wesen wahrnimmt, das in ihm auf ewig als Selbst aufleuchtet. Er erkennt Mich aus der tiefen Stille seines gedankenfreien Bewußtseins. Er verehrt Mich als den Lebensstrom, der seinen Körper und sein Gemüt durchfließt und ohne den nichts existieren kann. Ich bin unteilbar und grenzenlos;
Ich wirke als ganzes Universum und auch als dessen winzigstes Teilchen. Ich zeige mich in vielen Formen und Gestalten, werde aber von keiner auch nur im geringsten berührt - denn Vollkommenheit ist mein Wesen. Wer mich liebt und sich Mir bedingungslos hingibt, wird alles erhalten, was er zur Selbst-Verwirklichung
braucht.»

Absolutes Bewußtsein und leerer Raum haben die gleichen Ei-genschaften. Beide sind vollkommen, unendlich, rein, unbegrenzt, formlos; Sie wohnen allem inne, ohne von irgend etwas berührt zu werden. Nur in einem scheinen Sie sich zu unterscheiden: Raum scheint - im Gegensatz zum Absoluten Bewußtsein - empfindungs-los zu sein. Tatsächlich gibt es keine Unterschiede. Das Selbst ist Raum (Leere), und Raum (Leere) ist das Selbst. Nur Unwissende se-hen in der Leere des Selbst bloßes Nichts. Der Weise jedoch findet in der scheinbaren Leere des Raumes oder des Selbst die Abstrakte In-telligenz, das Absolute Bewußtsein. !
Ihre Transzendentale Majestät läßt in Ihrem Selbst Vielfältiges entstehen. All die Menschen, Tiere, Pßanzen und sonstigen Erschei-nungen in ihrer Mannigfaltigkeit können das Selbst in Seiner Rein-heit nicht irreführen, aber Seine Abirrungen, die individuellen Egos, werden dadurch getäuscht.

Seine Majestät, das Absolute, bleibt sich stets Seiner Einheit und Vollkommenheit bewußt. Obwohl es nicht dem Wandel unterwor-fen ist, erscheint Es doch Seinen eigenen Geschöpfen als veränderli-ches Wesen. Es verhält sich wie ein Zauberer, der das Publikum mit seinen Tricks täuscht, während er selbst natürlich die Täuschungen durchschaut.
Sri Tripura ist das Absolute; Sie ist Licht; Sie ist Eines ohne ein Zweites; Sie ist ohne Anfang und Ende. Ihren Geschöpfen, über die sich der Schleier der Täuschung ausbreitet, erscheint Sie in vielfälti-ger Gestalt. Die Täuschung, maya genannt, ist ein Aspekt des Höch-sten.
144Damit, o Rama, hat das Absolute Sein eigenes, reines und unabhängiges Selbst mit Unwissenheit umhüllt. Es irritiert die, welche Es anschauen, durch die Vielfalt Seines Wesens.
Die Gelehrten erkennen nicht die Identität des leeren Raumes mit dem Selbst, weil sie nicht fähig sind, das Selbst mit einem ruhigen, gelassenen Geist zu erforschen. Theoretisches Wissen, stamme es nun aus Büchern oder vom Hören, kann den Menschen nicht be-freien. Dazu bedarf es direkter Erkenntnis.
Befolge daher meinen Rat: Richte Deinen Geist nach innen und verwirkliche!
Sie, die als Transzendentales Bewußtsein , die alles erschafft und umschließt, ist strahlendes Leuchten und strahlende Energie. Sie ist frei von allen Beschränkungen und von allem Unbelebten. Sie ruht in Ihrem eigenen Selbst, ohne vom Ego berührt zu werden. Das Unbelebte kann nicht aus sich selbst heraus existieren. Es bedarf der Intelligenz, um in seiner jeweiligen Besonderheit wahrgenommen und erkannt zu werden. Diese Abhängigkeit vom Bewußtsein be-weist seine Unvollkommenheit.
Dagegen ist Reine Intelligenz absolut; Sie leuchtet aus sich selbst heraus; Sie bleibt sich stets Ihres eigenen Seins bewußt; Sie ist unab-hängig von äußeren Hilfsmitteln. Man nennt Sie auch das vollkom-mene oder das transzendentale Ich.
Es gibt nichts, was sich außerhalb der Reinen Intelligenz befindet;
alles ist in Ihr enthalten. Sie ist unmittelbar und bleibt ewiglich ein ununterbrochenes, vollkommenes Ganzes. Die Ausstrahlung dieser Vollkommenheit ist das immerwährende ,Ich'-,Ich'-Bewußtsein.
Ein Aspekt dieses Höchsten Bewußtseins drückt sich als maya aus, jener Kraft, die fähig ist. Unmögliches zu vollbringen. Sie ist in allen Manifestationen zu allen Zeiten und an allen Orten und bleibt doch unberührt von allem.
^Maya verursacht Unwissenheit, Empfindungslosigkeit, Leere. Dunkelheit.. Auch der Übergang vorn Unendlichen Absoluten zur begrenzten Natur wird von maya bewirkt. Der Übergang kann nicht vom Selbst unterschie-den werden, weil noch kein Ego vorhanden ist.
Die Vielzahl der Personen und Dinge kann nur im Raum sicht-bar werden.
0 Rama, schau nach innen! Was Du als Raum in Dir wahr-nimmst, ist der Bereich, wo alle Geschöpfe existieren. Aus ihm sind sie entstanden, und von ihm erhalten sie Bewußtsein. Seihst und Raum sind daher identisch. Sie sind vollkommenes SeligkeitsBewußtsein. Den Raum muß man, obwohl er seinem We-sen nach ein Ganzes ist, als in unzählige Partikel aufgeteilt be-trachten. Jedes der Teilchen dieses Meeres von Intelligenz nennt man Geist. Kann ein solches Teilchen verschieden vom Ganzen, vom Selbst, sein?
Der Geist wohnt dem jira (Individuum; verkörperte Seele) inne, der entsteht, wenn sich Reine Intelligenz mit Unbelebtem verbindet.
Noch einmal: Aus dem klaren, konzentrierten Selbst wird rei-ner, unendlich feiner und empfindungsfähiger Raum, in dem viel-erlei Objekte entstehen. Sie sind aus den fünf Elementen zusam-mengesetzt. Daraus besteht auch der Körper, mit dem sich das In-dividuum (fiva) umhüllt. Das Absolute leuchtet als Bewußtsein im Individuum und erleuchtet den Körper, wie ein Licht das In-nere des Lampenschirms beleuchtet. Und wie der Schein der Lampe über den Schirm hinausringt, so gelangt das Licht der In-telligenz aus dem Inneren über die Sinne in die Außenwelt.
Die Lichtstrahlen sind im Raum nicht wahrnehmbar. Wenn sie jedoch auf Materie treffen, werden die Objekte durch das Reflek-tieren der Strahlen auf ihrer Oberfläche sichtbar.
Ähnlich ist es mit dem Bewußtsein. Es offenbart das Vorhandensein der Objekte im Raum indem Es den Schleier der Unwis-senheit wegnimmt, der sie umhüllt.
Daher sage ich Dir: Geist und Bewußtsein sind wesensgleich. Der Unterschied liegt lediglich darin, daß der Geist ruhelos und das Be-wußtsein stets ruhig ist. Man nennt den Geist daher den dynami-schen Aspekt des Bewußtseins.
Durch die Selbst-Verwirklichung findet der rastlose Geist zur Ruhe. Eine friedvolle, vollkommene, intelligente Seligkeit leuchtet auf. Daran erkennt man, daß die Befreiung vollzogen ist.
Du kannst ganz sicher sein, daß sich nach dem Erlöschen der Ge-danken keine Leere und Unwissenheit einstellen. Nein, Glückselig-keit wird Dich umfangen! Unwissenheit und Nichts existieren nur in der Einbildung.
Wenn ein Mensch im Traum Quälereien zu erdulden hat, wird er nur solange darunter leiden, wie der Traum dauert. So ist es auch mit dem Traum von Unwissenheit. Erwachen bedeutet Befreiung!
0 Rama In Wahrheit hat es niemals Unfreiheit gegeben. Verfalle nicht der Täuschung, indem Du Dich mit dem Körper identifizierst, sondern frage Dich: Was ist Unfreiheit?
Die schlimmste Fessel liegt in dem Gedanken: Ich bin gefesselt. Er hat so wenig Substanz wie die Angstvorstellungen eines furcht-samen Kindes.
Man mag sich noch so sehr anstrengen — solange das Gefühl, un-frei zu sein, nicht verschwunden ist, gibt es keine Erlösung.
Wie kann es überhaupt zu diesem Gefühl kommen? Wie kann sich das Reine Absolute Selbst von Bildern in Fesseln schlagen lassen, die sich auf Seiner Oberfläche spiegeln?
Die Vorstellung, das Selbst könne von mentalen Projektionen gebunden werden, gleicht der Vorstellung, die Spiegelung von Feuer könne den Spiegel verbrennen.


Vorstellung, man sei gebunden sowie im Festhalten am Gedanken der Zweiheit. Solange diese beiden Grundirrtümer nicht durch in-tensives Forschen und Meditieren beseitigt sind, kann niemand -auch nicht Brahma, Vishnu, Siva, ja, selbst nicht Sri Tripura, die Göttin der Weisheit, dem Menschen zur Befreiung verhelfen.
Deshalb überwinde diese beiden Hindernisse, o Rama und ver-bleibe im ewigen Glück!
Der Geist wird als Selbst leuchten, wenn die Gedankenflut, die ihn jetzt bedrängt, zum Stillstand kommt. Damit ist jede Dualität besei-tigt. Reines Wissen allein wird übrigbleiben, wenn der Geist sein be-grenztes Wissen aufgibt und von der Überzeugung läßt, ein selb-ständiges Wesen zu sein.
Ein bekanntes Beispiel für eine Täuschung solcher Art ist die Ver-wechslung des Seiles mit der Schlange. Auch wenn der Irrtum ver-schwindet, bleibt der Tatbestand, daß das Seil wirklich ist. Darin liegt die Gefahr, daß die Täuschung sich wiederholt. Erst wenn das Seil als Teil des Selbst erkannt wird, ist eine erneute Tauschung aus-geschlossen. Dann hat das Dualitätsdenkcn aufgehört — reine Er-kenntnis herrscht vor. Bindung hegt nur in der törichten Vorstellung von Zweiheit kann nur zustande kommen, weil man von der Zweckmäßigkeit der objektiven Welt überzeugt ist. Doch solche Zweckmäßigkeit ist dem Traumerleben ebenso eigen wie auch Dauerhaftigkeit.
Traum- und Wachzustand unterscheiden sich insofern voneinan-der, als der Traum im Wachzustand als illusorisch erkannt wird, in-des der Wachzustand während des Träumen keine Beachtung, also auch keine Bewertung erfährt. Aus diesem Grunde wird der Wach-zustand allgemein für wirklich gehalten. Das ist aber falsch. Glaubt man nicht in beiden Zuständen, daß das jeweilige Erleben zweckhaft und von Dauer sei? Prüfe Deine letzten Erlebnisse im Träumen und Wachen im Licht dieser Tatsachen — und denke darüber nach!
Es ist charakteristisch für die Realität, daß sie weder Anfang noch Ende hat. Dasselbe trifft auf das Bewußtsein zu. Unbelebte Materie kommt in mancherlei Gestaltung vor. Ihre Unbeständigkeit ist au-genfällig. Dagegen kann es im Strom des Bewußtseins niemals eine Lücke geben. Wenn jemand meint, im Schlaf gebe es kein Bewußt-sein, dann soll er auch sagen, wie er das festgestellt hat. Wenn er ganz/ ohne Bewußtsein gewesen wäre, könnte er nicht sagen: Ich war ohne Bewußtsein.
Daraus müssen wir den Schluß ziehen, daß es auch nicht einen einzigen Moment ohne Bewußtsein geben kann.
Ich werde nun kurz den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit erläutern- Wirklichkeit ist etwas, dessen Existenz sich aus sich selbst versteht; es bedarf keiner Hilfsmittel, sie zu offen-baren. Unwirklichkeit ist das Gegenteil davon. Solltest Du einwen-den, daß man ein Ding so lange als wirklich betrachten müsse, bis seine Nicht-Existenz bewiesen sei, verweise ich auf das Beispiel von Seil und Schlange. Die illusionäre Schlange müßte dann als wirklich angesehen werden, bis ihre Unwirklichkeit feststeht. Das wäre ab-surd.
Auch wenn man die Wirklichkeit eines Objekts bestreitet, macht man sich ein mentales Bild von ihm. Man lehnt es verbal ab und er-kennt es mental an. Daher ist mit Bestreitung der sogenannten Wirklichkeit nichts gewonnen. Auch das bloße Vorhandensein ei-nes Dinges beweist noch nicht seine Realität. Das trifft auch dann zu, wenn es sich um etwas Nützliches handelt.
Ich sage Dir, daß es nichts außerhalb der Bewußtseinssphäre ge-ben kann.
Nur ein trockener Logiker wird das Vorhandensein des Bewußt-seins leugnen. Er könnte genausogut sich selbst in Frage stellen und sagen: Jch bin nicht'. Ein solcher Mensch ist so unfähig, andere zu belehren, wie dieser Felsbrocken, der da vor mir liegt.
Die größte Täuschung liegt darin, daß man glaubt, das, was man wisse, sei keine Täuschung. Diese, irrige Annahme behauptet sich ebenso zäh wie die von der Wirklichkeit des Universums. Solche generellen Irrtümer bleiben so lange bestehen, bis die ursprüngliche Selbst-Erkenntnis wiedererlangt worden ist.
Jetzt möchte ich noch Deine Frage über jnanis beantworten.
Man kann sie in drei Klassen einteilen: in eine höchste, eine mitt-lere und eine niedere. Die jnanis der niederen Klasse kennen das Selbst, doch werden sie noch von Freud und Leid beeinflußt, das ih-nen gemäß ihres prarabdha karma zuteil wird. Auch die jnanis der mittleren Klasse ernten die Früchte ihres karnma doch verbleiben sie dabei in einem Zustand der Glückseligkeit. Sie werden von den Ge-schehnissen etwa so betroffen wie Menschen, die sich in einen Rauschzustand befinden und dem, was um sie herum geschieht, keine Beachtung schenken. Die höchsten jnanis sind über alle karmatischen Abläufe erhaben. Freud und Leid, ja selbst die unge-wöhnlichsten und wunderbarsten Ereignisse können sie nicht be-rühren. Sie bleiben, obwohl sie sich äußerlich nicht von gewöhnli-chen Menschen unterscheiden, jederzeit friedvoll, ruhig und gelas-sen.
Diese Differenzen beruhen auf der unterschiedlichen Entwick-lung von jnana (Weisheit) und auf der Ungleichheit ihrer Intellekte.
Ihre Aktivitäten hängen vom karma ab, also von den Neigungen und Veranlagungen, die sie aus vergangenen Leben mitgebracht ha-ben.
Ich habe nun Deine Fragen beantwortet, o Rama. Jetzt ist es an Dir, ohne Zögern und Schwanken den Weg zu gehen, der Dir ge-wiesen worden ist!»
Die Tripura Rahasya ist keiner der klassischen Texte, die im Buddhismus von Indien über China ihren Weg nach Japan gefunden hätten. Er ist ein rein hinduistischer Text mit shaktischer Färbung.

Mit Rahasya – geheimgehalten – werden Sanskrittexte bezeichnet, die früher nur in Ashrams oder Einsiedeleien rezitiert werden durften. Tripura –wörtlich: drei Stätte – bezeichnet die drei Bewußtseinszustände: jagrat – Wachzustand, svapna – Traumzustand und sushupti – Tiefschlaf. Alle drei Bewußtseinszustände sind getrübt durch Wahrnehmungen, die das Bewußtsein färben. In den Upanishaden wird das Bewußtsein verglichen mit einem Vogel, der mit einer langen Schnur an einem Pfosten befestigt ist. Unruhig fliegt er immer wieder nach außen, wird aber jesdesmal wieder von der Schnur zurückgerissen. So kommt er zwar niemals zur Ruhe, verliert aber auch seine Mitte nicht – die formlose und ungetrübte Grundlage des.Bewußtseins, das Selbst. Dieses reine Bewußtsein wird in der Tripura Rahasya als die Göttin Tripura bezeichnet, die wie in einem Spiegel in sich selbst die ganze Welt, auch die Götter Brahma, Shiva und Vishnu erscheinen läßt.
Die Göttin Tripura spricht auf die Bitten von Brahma und erläutert ihr Wesen: "Ich bin das Bewußtsein, welches den drei Zuständen Wachen, Träumen und Schlafen zugrunde liegt und ruhe auf vier Säulen: Brahma (Schöpfung), Vishnu (Erhaltung), Shiva (Zerstörung) und Ishvara (Auflösung)!"
"In konkreter Form verehrt man mich als göttliches Paar, als Höchsten Herrn und seine Ernergie". Der Höchste Herr ist Shiva, der jedoch niemals aus sich allein bestehen kann. Seine andere Seite, untrennbar mit ihm verbunden, ist Shakti, die in Indien in den verschiedensten Formen verehrt wird. Aber in Wahrheit ist Tripura das reine, ungetrübte Bewußtsein, ohne jede Form, nicht unterschieden von einem Anderen, das seinen Sitz im Herzen hat. Die Götter sind lediglich Projektionen auf dieses reine Bewußtsein. Damit ist die Trupura Rahasya letztlich "atheistisch". Vielleicht deshalb wurde der Text geheimgehalten und durfte nicht in den Stätten und Dörfern rezitiert werden.
Die Schrift dürfte aber im 10. Jhd. entstanden sein. Es ist eines der schönsten Werke des Advaita Vedanta, des Vedante von der Nicht-Zweiheit, aus dem Ramana Maharshi (1879 – 1950) immer wieder Beispiele zitierte. 1937 übersetzte sein Schüler Swami Ramananda Sarasvathi Teile des Werkes ins Englische.
Die Vedanta entstand in der Verfallszeit der Veden, als die brahmanischen Rituale verfestigt und zu erstarrten Formen verkommen waren. Eine Vielzahl von Opferritualen war täglich einzuhalten. Wenn auch nur eine einzige Silbe nicht korrekt ausgesprochen wurde, war das Opfer ungültig, was verheerende Folgen nach sich ziehen konnte. Daher begannen sich die Brahmanen auf bestimmte Arten von Opfern zu spezialisieren. Opfer konnten nicht mehr wie in der frühen vedischen Zeit vom Hausherrn selbst vollzogen werden und der Umgang mit dem Heiligen war auf Spezialisten einer besonderen Kaste beschränkt.
Aus Protest vor dieser Erstarrung zog eine Fülle von unabhängigen Geistern als "Hauslose" meditierend und Askese übend durch das nördliche Indien und suchte nach neuen Formen der Spiritualität und nach Befreiung vom Leiden. Inmitten dieser Aufbruchsstimmung zog auch ein junger Prinz Gautama aus dem Geschlecht der Shakya durch das Land, sammelte Schüler und Anhänger und wurde schließlich als der Buddha verehrt.
Die frühen Sutren sind daher noch von der geistigen Atmosphäre des frühen Vedanta geprägt, sie wirken oft wie scholastische philosophische Diskussionen.
Ganz anders die Tripura Rahasya, die in vielen Gleichnissen und geradezu märchenhaften Bildern spricht.
Parasurama, ein Brahmane, dessen Eltern und Verwandte von einer Kriegerfamilie erschlagen worden waren, zog - von Durst nach Rache getrieben 21 mal durch das Land und erschlug alle Ksattriyas, Mitglieder der Kriegerkaste, sogar Frauen und Kinder und sammelte ihr Blut in einem großen Becken. Erst als die Ahnen ihre Stimme erhoben, ließ er von diesem grausigen, völlig dem Geist der Brahmanen widersprechenden Tun ab und suchte den Guru Dattatreye auf, der ihn unterwies und zum Einüben der erhaltenen Lehren anhielt. So entsteht ein loser Rahmen, in dem verschiedene Texte gesammelt sind.
Der Guru beginnt seine Belehrungen, indem er zum Rückzug aus dem Handeln mahnt:
"Solange der Mensch sich vor dem Alpdruck des Handeln - Müssens ängstigt, muß er diesem Drang nachgeben, sonst wird er keinen Frieden finden. ... Die ganze Menschheit ist vom Gefühl des Verpflichtetseins zum Handeln und Wirken durchdrungen ... und dieser Sucht zum Opfer gefallen." Dieser Zwang zum Handeln, dem auch Parasurama verfallen war, ist blind. Die Menschen gleichen Reisende, die sich im Urwald verirrt haben, in ihrer Gier, den Hunger zu stillen nach giftigen Früchten greifen, als sie die Wirkung des Giftes spüren, blind ein vermeintliches Gegengift anwenden und allmählich ihren Zustand immer mehr verschlimmern. In der Dunkelheit gelangen sie schließlich zu der Stadt, erkennen sie aber in ihrer Tollheit nicht als ihr ursprüngliches Reiseziel und werden von den Wächtern erschlagen, verjagt oder in das Gefängnis geworfen. Nur Besonnenheit und Einsicht in das wahre Wesen des Bewußtseins kann die Menschen aus diesem Wahn retten und Befreiung bringen.
In der vedischen Tradition wird zwischen den drei Bewußtseinszuständen Wachheit, Traum und Tiefschlaf unterschieden. Auch der Traum ist eine Art des Bewußtseins, dem aber weniger Realität zukommt als dem Wachzustand. Anders als in der chinesischen Philosophie ist der geringere Realitätsgrad deutlich erkennbar. (Tshuang Tse: "Ich habe geträumt, ich sein ein Schmetterling. Jetzt, da ich erwacht bin, weiß ich nicht mehr, ob ich ein Mensch bin, der träumt er sei ein Schmetterling oder ein Schmetterling, der träumt, er sei ein Mensch!")
Am Traum kann man nach der Tripura erkennen, wie das Bewußtsein arbeitet: es erzeugt ständig neue Bilder aus sich heraus. Die Dinge und die Welt, die erscheinen, sind reine Projektionen des Bewußtseins. Dies gilt für den Wachzustand in der gleichen Weise wie für den Traum. "Traum- und Wachzustand unterscheiden sich insofern voneinander, als der Traum im Wachzustand als illusorisch erkannt wird, indes der Wachzustand während des Träumens keine Beachtung, also auch keine Bewertung erfährt.".Dies sagt aber nichts über den Wirklichkeitsgrad des im Wachzustand Wahrgenommenen. Das Seil, das als Schlange wahrgenommen wird, müßte - so die Tripura - als wirkliche Schlange angenommen werden, solange, bis die Täuschung aufgeklärt ist, was nicht sein kann..Sie ist Täuschung. Dennoch ist Sie, ebenso wie das Seil selbst eine Spiegelung des Bewußtseins. Die Wahrnehmung der Schlange beruht also auf einer doppelten Täuschung – das Seil wird als für sich existierend angenommen obwohl es eine Spiegelung ist, und es wird darüber hinaus von einem nicht klaren, mit subjektiven Ängsten verfärbten Geist gespiegelt. "Die Qualität der reflektierten Bilder hängt von der Beschaffenheit der reflektierenden Fläche ab, wie wir es vom Spiegel und vom Wasser wissen." Damit die Bilder rein und ohne Täuschung sind, muß der spiegelnde Geist, der sogar Vorstellungen aller Art, Phantasiegebilde und Tagträume ohne jede Realität aus sich selbst hervorrufen kann, durch Übungen stets rein gehalten werden. Darum sind "selbstloses Handeln, Leidenschaftslosigkeit und Hingabe, die zur Reinigung des Geistes nötig sind" von so großem Wert. Nur derjenige, der sein eigenes Selbst aufgibt, kann den reinen Geist erleben.
Das reine Bewußtsein – identisch mit dem Selbst - ist wie ein klarer Spiegel, in dem sich die Dinge und die ganze Welt spiegelt. "Ein Kind mag versuchen, sein Bild im Spiegel zu erhaschen. Es denkt dabei nur an das Bild und schenkt dem Spiegel keine Beachtung. Ähnlich ergeht es dem Menschen, der so beeindruckt ist von seinen mentalen Reflektionen im reinen, leuchtenden Spiegel des Selbst, daß er den Spiegel nicht wahrnimmt, weil er mit dem Selbst nicht vertraut ist. Obwohl die Menschen den Raum kennen, nehmen sie ihn nicht wahr, weil sie ausschließlich mit den Objekten beschäftigt sind, die sich darin befinden."
Dattatreja erzählt seinem Schüler die Geschichte eines Prinzen, der sich auf der Jagd verirrt, eine wunderschöne Frau findet und sie heiratet. Diese schöne Frau wird zu seinem Guru und führt ihn nach mancherlei Stufen eines Übungsweges zur meditativen Betrachtung dieses reinen Bewußtseins -Spiegels. Er erlebt zunächst einen Zustand, in dem die Gedanken zum Stillstand kommen. "Im selben Augenblick verschwand alles und machte einer dunklen Leere Platz. Er glaubte, es sei das Selbst". Beim zweiten Versuch erscheint ihm ein grenzenloses helles Licht und beim dritten mal taucht er in einen tiefen Schlaf mit wunderbaren Träumen. Seine Guru – Frau erklärt ihm diese drei Zustände als die Formen des Bewußtseins, das jedesmal ungetrübt ist durch die Wahrnehmung von Dingen. Aber sie sind noch nicht das reine Selbst. Als er die Aufmerksamkeit "auf die kurze Spanne zwischen Gedankenkontrolle und Leere, die frei ist von Bemühungen" richtet, erlebt er ein tiefes Samadhi, einen Zustand reiner Glückseligkeit. Die Freiheit von Bemühungen ist geradezu die Voraussetzung für dieses Erleben: wollte man diesen Zustand durch Bemühungen erreichen, so gleicht man jemandem, der "versucht, dem eigenen Schatten auf den Kopf zu treten".
Als der Prinz sich sofort wieder in diesen Zustand zurückziehen will, erlaubt es ihm seine Guru – Frau nicht. "Der Zustand, der sich nach dem Schließen der Augen eingestellt hat, kann nicht der endgültige sein, denn dieses ist reines Bewußtsein und ewige Wahrheit. Sowenig, wie es eine Spiegelung ohne eine spiegelnde Oberfläche gibt, sowenig gibt es etwas, was nicht in diesem Bewußtsein enthalten ist!" Alles, auch das alltägliche Leben ist dieses Bewußtsein. Es gibt keinen Unterschied zwischen Freiheit und Unfreiheit, dem Selbst und dem Nicht-Selbst.
Als dies der Prinz einsieht, verweilt er in dem klaren Zustand des Friedens, übernimmt aber die Regierungsgeschäfte, die Feinde des Landes verweist er in die Schranken und den Staatsschatz vermehrte er, so daß das Reich unter seiner Leitung erblüht. Auch sein Vater, seine Brüder, schließlich alle Untertanen seines Reiches erlangten den friedvollen Zustand der Befreiung im alltäglichen Leben. Der Prinz lebte noch 20 000 Jahre und schließlich rezitierten in seinem Reich sogar die Papageien und Kakadus die heiligen Worte:
"Meditiere, o Mensch, über das Selbst, das absolut reine Bewußtsein! Es gibt nichts außer ihm. Es ist wie ein aus sich selbst heraus leuchtender Spiegel, der in sich alle Objekte widerspiegelt. Dieses Bewußtsein ist zugleich Subjekt und Objekt, Belebtes und Unbelebtes. O Mensch, befreie dich aus den Fesseln der Täuschung ... verliere die nicht in Phantasien und Träumereien.".
So wie die höchste Vollendung und Befreiung nur in der Verwirklichung des Alltags erlangt werden kann, ist dem unerleuchteten Alltag selbst die Erfahrung des reinen Geistes im Samadhi nicht fremd. Es gibt vielerlei Samadhizustände im gewöhnlichen Alltag, etwa "wenn jemand
 alles Äußeren und Inneren nicht gewahr ist, ohne daß er vom Schlaf überwältigt wird;
 einen Moment erlebt, in dem er vor Freude völlig außer sich ist;
 in aller Reinheit eine Umarmung durch einen geliebten Menschen erfährt;
 der allein und voller Vertrauen seinen Weg geht, sich plötzlich äußerster Gefahr gegenübersieht;
 vom Tod seines einzigen Sohnes hört, der in der Blüte seines Lebens stand, sich bei bester Gesundheit befand und den Gipfel seiner beruflichen Laufbahn erklommen hatte."
Sicher ließe sich die Liste fortsetzen. Allen Zuständen gemeinsam ist, daß das Denken bei absolut wachem Zustand völlig zum Stillstand kommt. In solchen Augenblicken handelt man auch nicht mehr, weil jede Form von Absicht fehlt. Dennoch ist z.B. im Augenblick höchster Gefahr in diesem Zustand die einzig richtige Reaktion möglich.
Das Fehlen von Gedanken oder Absichten allein genügt nicht. Dann wäre auch der traumlose Tiefschlaf ein Samadhi – Zustand. Doch hier ist der Spiegel des Bewußtseins dunkel, gleichsam "mit Teer verschmiert". Zwar spiegelt sich kein Objekt, aber "wird sich denn in einem Holzbrett, das vor ein einzelnes Objekt gehalten wird, dieses Objekt im Brett spiegeln? ... Ähnlich ist es mit dem Geist. Nur in einem wachen, regen Geist vollzieht sich die Verwirklichung des Selbst, in einem stumpfen ist dies nicht möglich.".
Das alltägliche Leben ist der Beginn der Befreiung. Aber die Menschen wissen nicht, daß sie den Schatz des Selbst immer schon besitzen so wie der Mann, der betteln geht, weil er nicht weiß, daß unter dem Fußboden seines Hauses ein Schatz verborgen liegt. Es bedarf der Aufklärung über ihr eigenes Wesen, damit sie das "Ziel" ihres Weges kennen und des Umganges mit weisen Menschen, die den Weg bereits gegangen sind, des sat sanga.
Das alltägliche Leben ist der Anfang, aber auch das Ende des Befreiungsweges der Tripura Rhasya.
Eine ganze Reihe von Weisen, die verschiedenste Wege der Selbstverwirklichung praktizieren, unter ihnen Gautama, kamen eines Tages zu Brahma, weil sie.sich nicht über die Frage einigen konnten, welcher von ihnen den höchsten Rang einnimmt. Brahma wandte sich an Shiva, der an Vishnu, aber alle drei wußten keine Antwort. So versetzten sie sich in Meditation und befragten Tripura selbst.
"Weise, die ihre Einheit mit dem Selbst nur durch ständiges Bemühen aufrechterhalten können, nehmen den untersten Rang ein.
Andere befinden sich nur dann in der bewußten Einheit, wenn sie keine äußeren Tätigkeit ausüben.
Bei einigen ist das Einssein mit dem Selbst auch dann nicht beeinträchtigt, wenn sie ... z.B. ein großes Reich regieren. ... Ob sie arbeiten oder nicht, sie befinden sich im samadhi.
Zwischen diesen höchsten Weisen und mir gibt es keinen Unterschied. Sie sind mir völlig gleich."

Alles indische Texte von mir kopiert

L & L



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