Artikel aus: 'OSHOTIMES' Online - "Die Terroristen, du und ich" von Jörg Andrees Elten


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Abgeschickt von *** am 19 Oktober, 2001 um 23:30:44:

Antwort auf: Artikel aus: 'OSHOTIMES' Online - "man kann macht auch positiv einsetzen" von Anand Veeresh von *** am 19 Oktober, 2001 um 23:20:53:

Die Terroristen, du und ich
In einer Welt, in der alles zusammenhängt, müssen wir die Botschaft der Terroristen verstehen lernen
von Jörg Andrees Elten


Chaos und Verwirrung in Amerika. Kriegsrhetorik. Säbelgerassel. Der Urschrei nach Rache. Seit unsere Vorväter mit Keulen aufeinander losgingen, hat sich an dem menschlichen Reflex in Gefahrensituationen nichts geändert: Angreifen oder weglaufen! Präsident Bush und seine Berater haben sich für angreifen entschieden. Die Bilder des Schreckens haben sich in die Gehirne eingebrannt - die Flugzeuge, die sich im freundlichen Morgenlicht in die schimmernden Stahl- und Glasfassaden der Wolkenkratzer bohren, die Feuersbrünste, die schreienden Menschen, die um ihr Leben rennen, die Tränen der Hinterbliebenen. Jedes Bild eine Metapher. Das Volk rückt zusammen und entlädt seine Ängste und Aggressionen in einem patriotischen Rausch. Für Zwischentöne und Besonnenheit ist im Moment wenig Platz. Die Fernsehsender zeigen wie die amerikanische Kriegsmaschine anläuft.

Was ist die Botschaft für uns? Die Terroranschläge auf das World Trade Center und auf das Pentagon sind ein Schock, der viele Menschen aufgeweckt hat. Wir sind entsetzt, ängstlich und ratlos. Aber wir sind nicht ohnmächtig. Aus persönlicher Erfahrung wissen wir, dass positive Veränderungen oft durch Schock zustande kommen. Wenn es uns gut geht, lernen wir gewöhnlich nichts dazu. Es muss etwas Schlimmes passieren – Tod, Trennung, Unfall, Krankheit, Arbeitslosigkeit und so weiter und so fort - damit wir zur Besinnung kommen und die Kraft für Veränderungen finden. Wenn wir die Chance nutzen, können wir vielleicht einmal
an den 11. September des Jahres 2001 zurückdenken und sagen: "Das war der Tag der Wende. Damals haben wir uns die Frage gestellt, ob wir durch unsere eigene Unbewusstheit zu den Disharmonien beitragen, die immer wieder zu Krieg und Terror führen. Damals haben wir uns geprüft und die Konsequenzen gezogen. "

Leonardo da Vinci hat einmal gesagt: "Der Schmetterling, der sich auf einem Ast niederlässt, bringt das ganze Universum in Schwingung." Eine wunderbare Metapher, die uns bewusst macht, dass in diesem Universum alles mit allem und jeder mit allen anderen verbunden ist, dass alles, was wir denken und tun Auswirkungen auf das Ganze hat.

Vielleicht wäre es in diesen Tagen gut, etwas zu tun, was uns nicht leicht fällt. Das Rauchen abgewöhnen zum Beispiel, ein Vorurteil abbauen, eine leblose Beziehung freundschaftlich beenden, mit dem Lebenspartner aufmerksamer umgehen, einen unkreativen Job hinschmeißen, uns verletzbar machen, einem Widersacher freundlich begegnen, nicht ständig nur den eigenen Vorteil im Auge haben. Andersdenkende respektieren, jeden Tag eine halbe Stunde lang meditieren und so weiter und so fort. George Gurdjieff, der russisch-armenische Sufi-Meister, hat die Arbeit an sich selbst als "freiwilliges Leiden und bewusstes Bemühen" definiert.

Zum freiwilligen Leiden gehört vielleicht auch, sich intensiv mit dem ganzen Wahnsinn zu befassen, sich Hintergrundinformationen aus dem Internet zu beschaffen, Meinungen von unabhängigen Fachleuten und Beobachtern einzuholen, sich also umfassend kundig zu machen. Nur so können wir mit einer fundierten eigenen Meinung an der Meinungsbildung in demokratischen Prozessen teilnehmen. Unkenntnis und esoterische Naivität schwächen die Argumentation. Empörung über die gleichgeschaltete Oberflächlichkeit der Medienberichterstattung ist nur dann effektiv, wenn sie sich mit kompetenter Sachkenntnis verbindet.

Auf dem Bildschirm sehe ich die turbulente Oberfläche der Ereignisse. Ich sehe den patriotischen Rausch der Amerikaner und ihre wütende Ratlosigkeit. Ich vertiefe mich in das Gesicht von George W. Bush und entdecke einen unsicheren Menschen, der sich mit kriegslüsterner Rhetorik selber Mut macht. Das Volk will ihn stark sehen. Also gibt er den Kriegsherren, der "den Feind in seiner Höhle ausräuchern und vernichten" will. Aber der Feind ist schwer zu greifen und doch irgendwie allgegenwärtig. Und wo ist die Front?

In seinem Frust gibt Bush dem Feind wenigstens ein Gesicht: Osama bin Laden und die Taliban, die dem saudi-arabischen Millionär und Oberterroristen Gastfreundschaft in Afghanistan gewähren. Bin Laden, ein Mensch mit leiser Stimme und großen, sanften Augen, ist für die moslemischen Massen in aller Welt ein Heiliger und ein Held im Jihad, dem Heiligen Krieg der Moslems gegen Amerika, das "Land des Bösen". Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass er die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon organisiert hat.

Er versteckt sich in der bergigen Wildnis Afghanistans. Weit ab vom Schuss. Sein Satellitentelefon benutzt er nicht mehr, weil die CIA es abhört und sogar seinen Standort ermitteln kann, sobald er eine Nummer wählt. Er zieht von einer Berghöhle in die andere und keiner weiß, wo er steckt. Kann man eine weitverzweigte und logistisch unglaublich komplizierte Terrororganisation mit Hilfe von Geheimkurieren dirigieren, die nachts auf Kamelen über die grüne Grenze reiten? Die Vernunft spricht dagegen, aber in diesen Tagen spricht die Vernunft nur mit schüchterner Stimme.

Bush will bin Laden haben – "tot oder lebendig". Aber natürlich denken die Taliban gar nicht daran, dem amerikanischen Präsidenten bin Ladens Kopf auf dem Silbertablett zu servieren. Sie würden damit eine furchtbare Schande auf sich laden und in der ganzen islamischen Welt ihr Gesicht verlieren.

Bush steht er vor einem Dilemma. Denn nun muss er sein Gesicht wahren und die Taliban bestrafen. Aber mit ferngesteuerten Bomben und Raketen kann er in einem Land, das schon im Bürgerkrieg total verwüstet wurde, nichts ausrichten. Die CIA spricht in ihrem eigenen Jargon von "einem Land mit extremer Armut an lohnenden Zielen". Der frustrierte Präsident wird von der New York Times mit den Worten zitiert: "Es lohnt sich doch nicht, mit einem zwei ein halb Millionen Dollar teueren Marschflugkörper ein Zelt platt zu machen, das keine zehn Dollar kostet."

Also müssten Spezialeinheiten den Oberterroristen in Afghanistan aufspüren und verhaften. Brigadegeneral Reinhard Günzel, Kommandeur des "Kommando Spezialkräfte" der Bundeswehr, hält davon nicht viel. In einem Gespräch mit dem "Spiegel" sagte er voraus, dass es dabei zu einem "Blutbad" kommen würde – bei obendrein geringen Erfolgsaussichten. Aber selbst wenn es einem NATO Einsatzkommando gelingen sollte, bin Laden zur Strecke zu bringen, wäre damit gar nichts gewonnen. Aus dem Oberterroristen würde ein Märtyrer. Tausende von jungen Moslems würden nun erst recht bereit sein, sich als Selbstmordattentäter ausbilden zu lassen. Und ein anderer würde an bin Ladens Stelle treten.

Die ganze Welt schaut auf Afghanistan. Aber der eigentliche Krisenherd ist natürlich der Nahe Osten. In der massiven amerikanischen Berichterstattung über den Terroranschlag gegen das WTC und das Pentagon findet sich kaum ein Wort über die Wurzeln des Terrorismus. Die Hintergründe werden ausgeblendet. Die Reporter und Kommentatoren konzentrieren sich auf die sensationellen Aspekte - auf die Bilder des Schreckens und des Leidens und auf die Jagd nach den Hintermännern.

Tatsächlich hat der Krieg nicht erst am 11. September begonnen. Er tobt schon seit vielen Monaten unter dem Logo "Intifada II" im Nahen Osten. Für die moslemischen Massen steht Amerika in diesem Krieg auf der Seite Israels. Amerika rüstet Israel seit vielen Jahren mit den modernsten Waffen aus. Viele Amerikaner mit doppelter Staatsbürgerschaft dienen in der israelischen Armee. Und wann immer die Vereinten Nationen Resolutionen gegen Israel fassen wollen, bewährt sich Amerika als Fürsprecher und Schutzpatron. In den Korridoren des UNO-Gebäudes in New York heißt es: "Der israelische Schwanz wackelt mit dem amerikanischen Hund."

Die amerikanisch-israelische Allianz ist die Wurzel des Terrorismus. Sie dient den Amerikanern, ihre Ölinteressen im Nahen Osten zu schützen und sie hilft den Israelis auf palästinensischen Boden westlich des Jordan eine aggressive Siedlungspolitik zu betreiben – die größte Hürde für den Friedensprozess im Nahen Osten.

Pragmatische Machtinteressen werden durch den religiösen und ethnischen Fanatismus verschärft, der seit Jahrzehnten in Jerusalem schwelt, der Heiligen Stadt der Juden, der Moslems und der Christen. Er hat sich in den letzten 20 Jahren wie ein schwelender Flächenbrand ausgedehnt und am 11. September die Wolkenkratzer des World Trade Centers in Flammen aufgehen lassen.

Den jüdisch orthodoxen Fanatikern, die unter militärischem Schutz Wehrsiedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten aufbauen, stehen islamische Fundamentalisten gegenüber, die auf die Provokation mit dem "Heiligen Krieg" antworten. Die orthodoxen Juden wollen westlich des Jordan das alttestamentarische Samaria neu erstehen lassen. Die Palästinenser wehren sich mit Straßenaufruhr und Selbstmordattentaten.

Tatsächlich ist der Aufbau der jüdischen Wehrsiedlungen auf palästinensischem Boden und die jüdische Besiedlung Ost-Jerusalems seit den Siebziger Jahren keine Minute lang unterbrochen worden - auch nicht während der Friedensgespräche in Oslo und Camp David. Keine UNO-Resolution hat ihr Einhalt gebieten können. Und keine israelische Regierung war bisher bereit, diese provozierende Siedlungspolitik zu stoppen. Denn im komplizierten Kraftfeld der israelischen Innenpolitik sind die Orthodoxen das Zünglein an der Wage. Und ihr Einfluss wächst ständig.

Die arabischen Terroristen suchen sich gerne symbolträchtige Ziele. Das WTC steht für den westlichen Kapitalismus, das Pentagon ist das Symbol der amerikanischen Macht und Manhattan ist die Hochburg der jüdischen Lobby in den Vereinigten Staaten. Nicht Tel Aviv oder Jerusalem ist die Stadt mit den meisten jüdischen Einwohnern, sondern New York. Hier und in Hollywood – einer anderen Hochburg jüdischen Einflusses – wird die amerikanische öffentliche Meinung produziert.

Kein amerikanischer Präsident kann sich dem Einfluss der jüdischen Lobby entziehen. Seit Jahrzehnten haben alle amerikanischen Präsidenten ihre Wahlkämpfe mit beträchtlicher finanzieller Unterstützung der jüdischen Lobby finanziert. Und so hat es bisher auch noch keiner geschafft, eine Nahostpolitik zu formulieren, die das legitime Sicherheitsbedürfnis Israels mit dem Recht der Palästinenser auf einen souveränen, lebensfähigen Staat in Einklang bringt. Alle Vermittlungsversuche zwischen Juden und Palästinensern sind letztlich daran gescheitert, dass die amerikanischen Vermittler nicht wirklich unparteiisch waren.

Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass es im Nahen Osten ein massives militärisches Ungleichgewicht gibt - Israel hat die Atombombe und die Araber haben sie nicht. Die Atombombe hat es den Israelis bisher erlaubt, alle UNO-Beschlüsse zum nahöstlichen Friedensprozess zu ignorieren. Und auch die Amerikaner haben Israel bisher nicht dazu bewegen können,
- sich aus den besetzten palästinensischen Gebieten hinter die Grenzen von 1967 zurückzuziehen
- die arabische Altstadt von Jerusalem zu räumen und den Palästinensern als Hauptstadt für ihren neuen Staat zu überlassen
- die Wehrsiedlungen abzubauen, die Israels orthodoxe Minderheit überall in den besetzten palästinensischen Gebieten gegen den erbitterten Widerstand der Einheimischen errichtet hat und schließlich
- über die Forderung der zwei ein halb Millionen palästinensischer Flüchtlinge zu verhandeln, die in die Dörfer und Städte ihrer Vorfahren zurückkehren wollen.

Bisher unterstützen die USA Israel bedingungslos. Denn Israels Hilfe - so ist die vorherrschende Meinung in Washington – wird gebraucht, um die Ölquellen im Nahen Osten vor Machthabern vom Schlage eines Saddam Hussein zu schützen. Das Pentagon nutzt Israel als Stützpunkt - als Ersatzteillager für die US-Truppen, als Munitionsdepot, als Raketenabschussbasis, als Flugzeugträger, als geheimdienstlichen Hochposten.

Unter dem Wüstenboden am Persischen Golf und in Saudi Arabien lagern mehr als 60 Prozent der bekannten Erdölvorräte der Welt. Von dort kommt der Saft, mit dem wir unsere Autos bewegen, unsere Wohnungen beheizen und unsere maschinelle Landwirtschaft betreiben. Die wichtigsten Berater des amerikanischen Präsidenten – die Herren der Erdöl-Lobby, die Generäle des Pentagon, die Bosse des "military-industrial complex" setzen im Nahen Osten auf militärische Stärke und auf die Prinzen und Scheichs, die in Saudi Arabien und den ölreichen Emiraten am Persischen Golf ohne demokratisches Mandat ihrer Völker regieren.

Seit jeher betrachten diese Wüstenherrscher das arabische Öl als ihr privates Eigentum. Aus den Erlösen der gigantischen Ölproduktion finanzieren sie ihre Konkubinen, ihre Paläste, ihre Privatjets, ihre Devisenspekulationen an der New Yorker Börse und ihre Ausflüge zu den Spielcasinos in Beirut, Kairo und Monte Carlo.

In den Augen der arabischen Massen sind diese exotischen Potentaten unter amerikanischem Protektorat Blutsauger ihrer Völker und Verräter des Glaubens, weil sie es den ungläubigen Amerikanern seit dem Irak-Krieg erlauben, militärische Stützpunkte im Schatten der Minarette von Mekka und Medina zu unterhalten, den Heiligen Stätten des Islam.

Die Wüstenaristokratie hat sich in den Augen der Fundamentalisten weit von den moralischen Prinzipien des islamischen Glaubens entfernt. Ihre Macht steht auf tönernen Füssen, denn eine neue bürgerliche Elite drängt an die Macht - junge Menschen, die zum Teil im Westen studiert haben. Viele von ihnen reagieren auf den moralischen Verfall der Scheichs und Prinzen mit religiösem Fanatismus. Sie hassen Amerika, weil die Amerikaner die Scheichs an der Macht halten und weil sie meinen, dass der american way of life die Fundamente des islamischen Glaubens zerstört. Aus den neuen bürgerlichen Eliten der arabischen Welt bezieht der Jihad seine fundamentalistischen Heiligen Krieger. Von diesen Leuten ist in der Tat nichts Gutes zu erwarten. Aber je weniger sich der Westen, vor allem die USA – um die Freundschaft der arabischen Völker bemühen, desto stärker werden die Fanatiker. Es kann nicht mehr lange dauern, bis sie die Scheichs verjagen und die Macht an sich reißen. Und wenn die Amerikaner sich einmischen sollten, werden Selbstmordkommandos die Ölfelder in Brand setzen. Was dann passiert, kann man sich leicht ausmalen: kein Diesel für die Mähdrescher der Bauern, Ernten verfaulen am Halm, Tankstellen schließen, Lichter gehen aus, Häuser und Wohnungen bleiben kalt und das Brot wird knapp.

Die Regierungen der europäischen NATO Partner haben sich mit Amerika ins gleiche Boot gesetzt. Wie immer sieht sich Amerika als Steuermann, der den Kurs bestimmt, während die Verbündeten kräftig rudern sollen. Aber wenn es erst einmal richtig los geht und die ersten Schüsse fallen, werden die NATO-Regierungen viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um den Deutschen, Spaniern, Franzosen und Italienern zu erklären, warum es sinnvoll ist, dass sich ihre Söhne und Brüder in der afghanischen Wildnis mit gut bewaffneten und fanatischen Stammeskriegern herumschlagen müssen - oder mit Wüstenkämpfern zwischen brennenden Ölquellen am Persischen Golf.

Die meisten Amerikaner haben keine Ahnung, was im Nahen Osten wirklich los ist. Sie glauben, was ihnen die Medien sagen: Arafat ist ein Terrorist und die Palästinenser wollen die Juden ins Mittelmeer jagen. Erst die Terroranschläge haben dem amerikanischen Volk bewusst gemacht, dass es sich im Krieg befindet. Das Entsetzen und die Rachegefühle sind verständlich. Irgendwann aber, so ist zu hoffen, werden sich die Amerikaner für die Hintergründe interessieren und sich fragen, warum passiert uns das - und nicht Kanada oder Schweden?

Die Terroranschläge in Amerika bedeuten nicht nur die Ausweitung der Intifada auf amerikanischen Boden. Mit ihnen begann auch ein zweiter Krieg, der sich seit Jahrzehnten als düstere Drohung abgezeichnet hat – der Krieg der Habenichtse gegen die Reichen, der Entwicklungsländer gegen die Industrienationen. Die gewalttätigen Demonstrationen der Globalisierungsgegner in Seattle, Davos und Genua waren das Vorspiel.

Es ist nötig, das Netz der Verschwörer aufzudecken und die Hintermänner der Anschläge in Amerika vor Gericht zu bringen. Das wäre ein deutliches Signal gegen die Gewalt. Aber die NATO würde ihrerseits ungesetzliche Gewalttaten begehen, wenn sie gewisse Länder, die Terroristen angeblich beherbergen, "in die Steinzeit zurück bombt". Und sie würde den Gegner eher stärken als schwächen. Die Terroristen würden einfach ausweichen.
Je mehr NATO-Bomben fallen, desto mehr Terroristen wird es geben. Sie sind überall und manchmal sind sie auch gleich nebenan. Sie reisen im Flugzeug und fahren im Auto von Land zu Land - Fanatiker, die mit religiöser Inbrunst und dem selbstmörderischen Mut der Verzweiflung ihren Krieg führen. Unauffällige Menschen - gebildet, intelligent, hilfsbereit. Nette Familienväter und Nachbarn. Gute Freunde. Sie verschicken Emails, surfen im Internet, zahlen ihre Rechnungen pünktlich, abbonieren seriöse Zeitschriften, gehen in Fitnessclubs und in die Disco, bilden sich weiter an Hochschulen und Universitäten, lernen fliegen und Drachensegeln, besuchen Elternabende.

Der Wert des Lebens bedeutet ihnen nichts – und sie können schweigen!

Eine Gesellschaft, die sich auf dem Fundament eines freiheitlichen Rechtsstaates gründet, hat gegen einen solchen Gegner keine Chance. Um gegen ihn zu siegen, müsste sie sich für die Sicherheit und gegen die Freiheit entscheiden. Aufhebung des Bankgeheimnisses, generelle Telefonüberwachung, geheimes Anzapfen von Computern in Privatwohnungen, Postzensur, geheimdienstliche Mordanschläge und Folter, Verhaftungen ohne Haftbefehl, Hausdurchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl und so weiter und so fort.

Aber selbst zum Preis der demokratischen Freiheiten wäre ein Sieg gegen den internationalen Terrorismus unwahrscheinlich. Denn immer wieder wird es einem oder mehreren Selbstmördern gelingen, unsere Abwehr zu unterlaufen. Und ein Selbstmörder, der sich mit einem atomaren Sprengsatz in eine U-Bahn setzt, genügt schon, um halb New York oder Berlin zu zerstören.

Der hochindustrialisierte Westen ist an tausend Fronten angreifbar. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, dass Dutzende von fanatisierten moslemischen Computerhackern längst fieberhaft an Programmen arbeiten, mit denen sie die Infrastruktur der westlichen Industrienationen lahm legen können. Wenn diese Leute erst einmal so weit sind, brauchen sie sich nicht einmal mehr aus ihren Computersesseln fortzubewegen, um die Welt ins Chaos stürzen.

Im Augenblick steht das Schicksal der Menschheit auf Messers Schneide: nur wenn die Terroranschläge in NY und Washington einen Bewusstseinswandel herbeiführen, wenn wir religiösen und ethnischen Fanatismus überwinden und die Armut von zwei Dritteln der Menschheit zu unserer Existenzfrage machen, kann dem Terrorismus der Boden entzogen werden.

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